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Hexenwahn im 20. Jahrhundert
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Johann Kruse - Ein Gegner des Hexenwahns
In Kaiserzeit zwischen 1871-1918 wird Johann Kruse am 30.12.1889
als Bauernsohn in Brickeln/Dithmarschen geboren. Im Jahre 1901 hat
Johann Kruse sein
Schlüsselerlebnis:
"Als Zwölfjähriger erlebte ich wie eine alte Tagelöhnerwitwe aus der Nachbarschaft Trost und Hilfe suchend zu meiner Mutter kam. Sie war gerade von einem Bauern, der seine Kinder und sein Vieh behext wähnte, mit drohend erhobenem Knüppel und dem gebrüllten
Wort "Du Hex" vom Hof gejagt worden. Das Weinen der alten Frau und die Trostworte meiner Mutter bewirkten,
dass ich später den Kampf gegen den Hexenwahn aufnahm."
Johann Kruse in seinem Archiv
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1905- 1911 |
Besuch des Lehrerseminars in Tondern, dann Lehrer an der Volksschule
Toftlund. |
1914 |
Heirat mit der Bauerntochter Marie Kruse, sie haben zwei Kinder, Hinrich und Grete. |
1914/ 1915 |
Militärzeit (vorzeitige Entlassung wegen Krankheit). |
Weimarer Republik (1918-1933)
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1917-1925 |
Kruse wird Lehrer an der Volksschule in Burg in Dithmarschen. Er gerät wiederholt wegen seiner antimilitaristischen Ansichten in Konflikt mit Kirche und Schulaufsicht. In dieser Zeit beginnt auch sein Engagement gegen den Hexenglauben. |
1923 |
erscheint seine Schrift über "Hexenwahn
in der Gegenwart". Darauf droht man ihm wegen Sätzen wie den Folgenden mit der Entlassung aus dem Schuldienst: "Bekanntlich machen sich gerissene Personen den von der Kirche ins Volk getragenen Wahnglauben zunutze ...Weise Frauen und Hexenbanner halten reiche Ernte." "Die lutherische Kirche hat in der Verbrennung der Hexen ...nicht hinter der katholischen Schwesterkirche zurückgestanden". Kruse bleibt trotzdem bei seinen Äußerungen. Nur durch die Unterstützung linker und liberaler Abgeordneter ist es ihm möglich, an der Schule in Burg zu bleiben. Zu seiner damals so heftig angegriffenen Schrift steht Kruse heute noch. Er sagt: "Ich würde mich schämen, wenn ich sie als 33jähriger nicht geschrieben hätte." |
1926/ 1927 |
Kruse wird nach Altona versetzt, wo er bis zu seiner Pensionierung 1942 Lehrer ist. In dieser Zeit beginnt er mit seinen Fahrten durch Norddeutschland, bei denen er "Hexen" und "Hexenbanner"
besucht. Überhaupt beschäftigen ihn die Leiden und Probleme der Landbevölkerung. So besucht er die Baustellen des
"Sönke-Nissen-Koogs", wo er mit den menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensverhältnissen der Arbeiter konfrontiert wird. Seine 500 Seiten starke Reportage darüber kann wegen der Machtergreifung durch die Nazis nicht mehr erscheinen. |
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Nazi-Zeit (1933 - 1945)
Kruse wehrte sich gegen jeden Versuch, seine antikirchliche Haltung für die Nazipropaganda zu nutzen. Er besuchte trotz der Rassegesetze weiterhin jüdische Schüler
und versuchte, sie gegen Übergriffe der Hitlerjugend zu schützen. Auch sonst fiel er den neuen Machthabern unangenehm auf: "Unter anderem wurde mir besonders vorgeworfen, mich bei den 14jährigen Volksschülern bei dem Wettbewerb für die Hitlerjugendfahne passiv verhalten zu haben."
Kruse selbst sagt, dass er nur passiven Widerstand leistete. Selbstkritisch berichtet er zum Beispiel,
dass er bei der Überführung der Altonaer Lehrerschaft in den nationalsozialistischen Lehrerbund nichts unternommen hat.
ab 1943
wohnen Kruses dann bei ihrer Tochter in Jevenstedt, weil Nazilehrer ihn bedroht hatten. Erst 1945 kehren sie in ihre Altonaer Wohnung zurück.
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Bundesrepublik Deutschland (seit 1948)
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ca. 1950 |
Kruse gründet sein "Archiv zur Erforschung des neuzeitlichen Hexenwahns" mit
dem er beweisen will, dass heute noch in Deutschland an Hexen geglaubt wird. |
1951 |
Kruses Buch "Hexen unter uns" erscheint. Hier hat er seine ganzen Erfahrungen mit Hexengläubigen und ihren Opfern
zusammengefasst. Er klagt Staat, Kirche und Schule wegen ihrer Versäumnisse im Kampf gegen den Hexenwahn an. Schon nach einem guten halben Jahr wird die gesamte Auflage eingestampft. Der Verlag sollte angeblich wegen Zahlungsunfähigkeit die Bücher der Druckerei zum Einstampfen übergeben. Es gibt aber Hinweise, dass bestimmte staatliche, kirchliche und wissenschaftliche Stellen, die von Kruse angegriffen worden waren, hinter diesem Vorgang gestanden haben könnten. |
1956/ 1957 |
Kruse sieht, dass seine Eingaben bei staatlichen Stellen und seine Appelle, gegen den Hexenglauben aufzutreten, nicht die erwartete Wirkung haben. Er beschreitet nun selbst den Gerichtsweg und lässt das "Sechste und Siebente Buch Mosis" verbieten, dessen Rezepte beim "Hexenbannen" eine große Rolle spielen. |
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1957
In zweiter Instanz wird das Urteil aufgehoben. Damit folgt das Gericht dem Gutachten des Volkskundlers Will-Erich
Peuckert. Für ihn war das Buch ein harmloses "Volksbuch" voller magischer Traditionen. I n den folgenden Jahren geht Kruse noch einige Male den Gerichtsweg, er unterstützt z.B. die Verleumdungsklagen einer als "Hexe" verfolgten Frau. Seine Wohnung wird zeitweise zu einer Art von Beratungsstelle für Menschen, die mit ihrem eigenen Hexenglauben oder den Anfeindungen ihrer abergläubischen Umwelt nicht mehr fertig werden.
60er Jahre
Immer häufiger wird das Archiv von Journalisten besucht. Besonders ausländische Berichterstatter können nicht fassen, wie mächtig der Hexenglaube auch im "Wirtschaftswunderland" Bundesrepublik geblieben ist.
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ab 1970 |
In dieser Zeit wandelt sich die Haltung vieler Wissenschaftler zu Kruses Arbeit. Man ist jetzt stärker als zuvor der Ansicht, dass Wissenschaftler sich auch sozial engagieren sollen. Man beginnt deshalb in der Volksund Völkerkunde auch über Kruses Thesen zu diskutieren.
Dr. Rüdiger Vossen vom Hamburgischen Museum für Völkerkunde entwickelt den
Plan, Kruses Materialien (Artikel, Briefe, Bücher und z.B. die "Enthexungsmittel") auszustellen. |
ab 1977 |
Die Studentengruppe (Thomas Hauschild, Heidi Staschen und Regina
Troschke) erarbeitet die Ausstellung "Hexen", bei der auch Kruses Materialien ausgestellt werden. Schweren Herzens übergibt Kruse sein Archiv dem Museum, wo es seit Herbst 1978 geordnet und weitergeführt wird. Sein Buch "Hexen unter uns? " erscheint neu. |
1979 |
Kurz darauf, im Februar 1979, wird die Ausstellung eröffnet. Johann Kruse ist trotz seines angegriffenen Gesundheitszustandes bei der Eröffnungsfeier anwesend. Er wollte sich dieses, wie er selbst sagte, "wunderschöne Erlebnis" seiner späten Anerkennung nicht entgehen lassen. |
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